Schillers krudes Frühwerk feiert das Mänliche als allgemeingültige Form des Extremismus. Die GermaniacGroup deutet jedoch den klassischen Stoff radikal um: die Räuber sind hier eine Gruppe von Frauen, die private und gesellschaftliche Umstände zum Äußersten treiben. Ihre „Freiheit“ finden sie im exzessiven Ausprobieren männlicher Verhaltensmuster. Ihr vermeintlich übermächtiger, männlicher Antipode ist das "Familienschloss Moor" unter dem faschistoiden Regiment des klassischen, deutschen Theaterbösewichts Franz Moor.

Was passiert nun szenisch, wenn man das vermeintlich unverrückbar männlich geerdete Stück unter einer konsequent weiblichen Sichtweise bearbeitet ?
Sind die im Stück intendierten männlichen Befindlichkeiten/Statements/Aktionen rein männlich ? Was passiert theatralisch, wenn die Sentenzen von Frauen gesprochen werden ? Erfährt man dann mehr von den sog. Männlichkeits- und Machtidealen ? Oder erfährt man, dass das im Text auffindbare Aggressionspotential nicht geschlechterspezfisch ist ?

Wir versuchen in dieser Arbeit , die dezidiert männlichen Verhaltenscodes innerhalb des Stückes zu offenbaren, zu kommentieren und zu aktualisieren. Prämisse unseres Ansatzes ist es dabei, diese Augestaltung der primär männlichen Rollen nicht von Darstellerinnen als Travestie vorzuführen ! Vielmehr geht es um Rollenerarbeitungen, die auf einer psychologischen Basis Frauenfiguren vorzeigen, die als Gruppe von Aktivistinnen Grenzerfahrungen im Bereich der menschlichen (männlichen ?!) Aggressionsmuster machen.

In gewohnt tragikomischer, absurder und provokanter Weise zerlegt das Theaterkollektiv einmal mehr gesellschaftliche Befindlichkeiten und spielt pikant mit Geschlechterrollen in Zeiten der Krise.